Das kleine Wörterbuch der Streiksprache

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verschlingensiefen

<transitives Verb>

Wortbildung nach Christoph Schlingensief, deutscher Filmemacher (Das deutsche Kettensägenmassaker, Die 120 Tage von Bottrop ...), Regiesseur an der Berliner Volksbühne (100 Jahre Adolf Hitler, Rocky Dutschke ...) und neuerdings auch Politiker (Chance 2000).

Eine Veranstaltung wird dann verschlingensieft, wenn ihre Veranstalter/innen ihr mehr und mehr die Eigenschaften einer Schlingensiefschen Inszenierung angedeihen lassen.

Die Inszenierungen des Herrn Schlingensief - oft werden sie als Trash-Theater bezeichnet - sind absurd-chaotisch und provokativ; oft ist der Zuschauer zum Mitmachen aufgefordert und muß sich zum Beispiel von einem gut durchtrainierten Schauspieler die Nase blutig schlagen lassen oder seinen nackten Hintern feierlich in Milch baden ...

Kritiker sagen gerne, daß die Sachen von Schlingensief zwar ganz unterhaltsam seien, aber - wie bei Trash üblich - ein leeres und ödes Gefühl im Rezipienten hinterließen, der nicht erkennen kann, was ihm da eigentlich erzählt worden ist, und deshalb auch nichts weiter damit anfängt, außer sie in seinem Kopf unter "Kuriositäten, harmlos" abzuspeichern.

Es wurde von meheren Seiten bemerkt, daß der Studentenstreik verschlingensieft worden wäre.
Wie gut oder schlecht, aussichtsreich oder aussichtslos die Verschlingensiefung gefunden wurde, hing stark davon ab, wie gut oder schlecht, aussichtsreich oder aussichtslos die Inszenierungen von Christoph Schlingensief gefunden worden sind.

Es ist aber zu betonen, daß Verschlingensiefung keinesfalls dazu taugt, den gesamten Streik zu beschreiben, sondern nur - und das unterschiedlich gut - auf einige Aktionen zutrifft. Wie z. B. die Aktion, "Wir geben unser letztes Hemd für die Bildung", bei der sich StudentInnen bei bitterer Kälte vor dem Roten Rathaus bis auf die Unterhose ausgezogen hatten. Ein Kommentator meinte: "Viele kalte Schultern für die Politik".

Christoph Schlingensief:


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